In seinem Chorwerk zu Shadow and Hope vertont Randall Svane das gleichnamige Gedicht Because I could not stop for death von Emily Dickinson. Er als Person mochte das Gedicht schon immer, fand allerdings noch nicht den passenden Zeitpunkt, um es musikalisch vertonen zu können. Da das Gedicht von Tod und Unsterblichkeit handelt und uns unser ganzes Leben lang begleitet, empfand er den Ausbruch der Covid-19 Pandemie als die richtigen Umstände um sein Vorhaben umzusetzen. Vor allem schätzt Svane an dem Gedicht die Freiheit der eigenen Interpretation. So ist jedem selbst überlassen, die Symbole und Erzählungen dieses Gedichts, nach seinen eigenen Gedanken zu deuten. Das Gedicht selbst versucht die Unvermeidbarkeit des Todes und dessen damit einhergehende Ungewissheit darzustellen. Inhaltlich fährt eine Frau zusammen mit dem personifizierten Tod und der Unsterblichkeit mit einer Kutsche an vielen vergänglichen Situationen vorbei, wie beispielsweise spielenden Kindern oder einem Sonnenuntergang, womit dem Leser die Flüchtigkeit dieser Momente nähergebracht wird. Der Tod wird hier als etwas Natürliches und zugleich Seltsames, sowie auch Unausweichliches dargestellt und genau das spiegelt sich auch in der dafür komponierten Musik Randall Svanes wider. Generell versucht Svane mit seiner Musik sich dem Text auch emotional anzugleichen und ihn hervorzuheben. Dies merkt man vor allem auch an der textlichen Hervorhebung bestimmter Worte durch ihre musikalische Gestaltung. So betont er zu Beginn das Wort „Immortality“ also Unsterblichkeit, indem er damit harmonisch von dem bisherigen Klangteppich abweicht und es mit einem Crescendo verbindet. Im weiteren Verlauf tritt auch die Zeile „and my leisure too“ hervor, dementsprechend akzentuiert er hier den Müßiggang. Im Gegensatz zur Unsterblichkeit tut er dies hier, indem die Textzeile allein im Gesang steht und die Streicher pausieren. Weiter exponiert er diese Zeile auch, indem sie drei Mal wiederholt wird, wobei sie das letzte Mal mit Instrumentalbegleitung erklingt. Mit dem Wort „Eternity“ also der Ewigkeit, klingt das Stück aus und führt in den Schlussakkord nach C-Dur. Genau das hebt den Begriff hervor. Es erklingt leiser und langsamer als zuvor, sowie homophon im Gesang, während die Streicher einen breiten Klangteppich darunterlegen, um es zu exponieren. Auffallend sind bei diesen Beispielen welche Worte Randall Svane hervorhebt. Unsterblichkeit, Müßiggang und Ewigkeit. Damit zeigt er wie wichtig diese Begriffe für das Gesamtwerk sind. Generell orientiert sich Svanes Musik sehr am Text, schmiegt sich nahezu an ihn an, um ihn gleichzeitig hervorzuheben und zu stützen. So gibt er auch die Gefühle wieder und verdeutlicht diese in seiner Musik für den Hörer, welche vielleicht beim alleinigen Lesen des Gedichts nicht in dieser Intensität aufgekommen wären. Außerdem ist zu bemerken, dass ebenfalls seine musikalischen Abschnitte, sich an die Verse des Gedichts angleichen und damit eine Symbiose eingehen. So wie jeder Vers eine andere Bedeutung oder Geschichte in sich birgt, spiegelt sich das auch in der Musik wider.
Der erste Abschnitt, sich orientierend am ersten Vers, ist ruhig und gefühlvoll. Er leitet das Werk ein und stellt das Motiv, welches sich durch das gesamte Stück zieht, vor.
Der zweite Abschnitt baut dahingegen die Stimmung auf und ist um einiges aufgeregter, was nicht zuletzt durch rhythmische Verschiebungen dere Triolen hervorgerufen wird. Die Streicher spielen hier kanonartig und bilden so durch ihre Polyphonie einen breiten Klangteppich für den Gesang, welcher so den Text weiter hervorheben kann, indem er weitestgehend homophon bleibt.
Bevor es in den Schlussabschnitt geht, wird die Stimmung hier noch einmal intensiviert, indem sich drei verschiedene Motive wiederfinden, welche wie auch im zweiten Abschnitt kanonartig abwechselnd erklingen. Ebenfalls ist hier der Ambitus größer und die Motive verschränken sich zusätzlich ineinander. Diesen Stimmungswechsel hat Svane bewusst, als Vorbereitung zum Text komponiert, in welchem beispielsweise Kinder miteinander auf dem Schulhof spielen.
Im letzten Teil seines Werkes greift Svane vor allem auf die Stimmung des Anfangs zurück. Deswegen ist dieser Abschnitt im Vergleich zum vorherigen um einiges ruhiger und wieder homophon gestaltet. Der Abschnitt ist langsam und kristallisiert das Thema des Werkes noch einmal deutlicher heraus. Mit dieser Stimmung findet das Stück sein Ende.
Randall Svane arbeitet vor allem mit einem Motiv welches in vielen verschieden Variationen durchgehend wieder auftaucht. Er entwickelte es aus der Vorgabe des Corona-Motivs. Es hat die Tonfolge c-b-a-f-c-b-a-a. Dieses Motiv wird direkt zu Beginn im Cello solistisch exponiert und findet sich daraufhin in der Gesangsstimme. Im weiteren Verlauf tritt es immer wieder sowohl im Gesang als auch in den Streichern auf. Tonal ist es meist identisch, variiert im Verlauf aber vor allem in der Rhythmik. Diese ist nicht klar definiert, da das Motiv immer unterschiedlich rhythmisiert auftritt. So besteht es anfangs aus Vierteln und Halben Noten, während es im Gesang beispielsweise vorerst nur die Länge von Vierteln hat. Aber auch harmonische finden sich einige Variationen, sowie es ebenfalls mit diesen Tönen als F-Dur Akkord mit einem lydischen B gestapelt auftritt. Durch diese vielen Variationen und Akkorde, welche sich durch das ganze Werke ziehen, ist das Motiv somit omnipräsent, genau wie auch der Tod und die Vergänglichkeit im Gedicht selbst.
Texte
Because I could not stop for Death –
He kindly stopped for me –
The Carriage held but just Ourselves –
And Immortality.
We slowly drove – He knew no haste
And I had put away
My labor and my leisure too,
For His Civility –
We passed the School,
where Children strove
At Recess – in the Ring –
We passed the Fields of Gazing Grain –
We passed the Setting Sun.
We paused before a House that seemed
A Swelling of the Ground –
The Roof was scarcely visible –
The Cornice – in the Ground –
Since then – ‚tis Centuries – and yet
Feels shorter than the Day
I first surmised the Horses’ Heads
Were toward Eternity –
Emily Dickinson (1830-1886)
Weil ich für Ihn nicht halten konnt’,
Der Tod hielt an für mich;
Sein Wagen war nur für uns zwei
Für jetzt und ewiglich.
Gemach die Fahrt, Er kannt’ nicht Hast,
Und ich, ich legt’ beseit
Die Arbeit und die Muße mein,
Ob seiner Höflichkeit.
Wo Kinder spielen nach der Schul’
Da fuhren wir entlang;
Vorbei an Feldern, und vorbei
Am Sonnenuntergang.
Wir hielten an dem Haus, das schien
Bloß Wölbung der Natur;
Sogar das Dach war kaum zu sehn,
Der Sims die Erde nur.
Jahrhunderte vergingen schnell;
Noch schneller als die Zeit
In der die Pferde wendeten
Sich zu der Ewigkeit.
Übersetzung: Walter A. Aue